Im Protokoll vom 25. Juli 1912
wurde eine Frau
Bertha Kuhnt als
Gast erwähnt. Frau Kuhnt hatte in Konradshöhe eine
Zierfisch-Großhandlung.
Sie brachte einige Behälter mit lebenden
Inhalt zur Ansicht mit. Es waren Skalare, Barben, Platys und Tetras,
die sie anschließend dem Verein zur Verfügung stellte. Gleichzeitig
beantragte sie die Mitgliedschaft, außerdem wurde ein Termin für
eine Führung durch ihren Betrieb vereinbart. Seit dieser Zeit wurde
der Verein mit aquaristischen Neuheiten gut versorgt.
Der erste Weltkrieg begann. Der
Kreis der Vereinsfreunde war
inzwischen nur unwesentlich gewachsen. Ein Teil der Mitglieder musste
zum Militär und so traf man sich zu einer kleinen Tischrunde. Es
wurde daran gedacht, den Verein aufzulösen. Doch man einigte sich ,
die Sitzung alle 2 Monate abzuhalten.
Nach Ende des Krieges und
nach den Wirren der Nachkriegszeit begann langsam das Aufleben des
Vereins. 1920 kamen neben den Arten, die schon vor dem Krieg in den
Aquarien der Vereinsfreunde gehalten wurden, Warmwasserfische groß
in Mode. Makropoden, Schwertträger, Guppys und Platys waren in fast
jedem Becken zu finden. Die Becken wurden immer größer. Die ersten
Rahmenbecken zogen in die Wohnstuben ein und lösten die Akkugläser
und größeren Vollglasbecken ab. Endlich konnte man ohne Verzerrung
seine Pfleglinge bewundern.
Auch die Formen der Aquarien waren
sehr unterschiedlich. Es gab neben den rechteckigen, nun sechs- und
achteckige Aquarien, die teilweise sogar einen Springbrunnen hatten.
Der Springbrunnen wurde auch dazu benutzt, das Wasser, das sich im
Winter schnell abkühlte, wieder auf die gewünschte Temperatur zu
bringen. Ein Behälter, der über dem Becken hing, wurde mit
kochendem Wasser gefüllt und dieses in das Becken gelassen. Die
Beheizung der Becken war eines der großen Probleme, viele Tüftler
gaben ihr Bestes. Von Blechkästen, die mit glühenden Briketts
bestückt wurden und unter die Becken gestellt werden konnten, bis
hin zu Gasbrennern waren viele Spielarten in Erprobung.
Am 1. Juli 1921 trat der Verein dem VDA bei.
Nach Ende der Inflation, die dem Verein einen Mitgliederschwund brachte, stieg die Mitgliederzahl im Jahr 1924 wieder auf über 40 Mitglieder an und es wurde eine Jugendgruppe ins Leben gerufen.
Das Jahr 1925 war voller Aktivitäten. Zwar ging die Mitgliederzahl wieder einmal zurück, doch durch gute Vorträge, Familienausflüge und einer intensiven Liebhaberaussprache, versuchte man die Vereinsarbeit attraktiver zu machen. Die Sitzungen begannen oft sehr spät, etwa gegen 21 Uhr, weil viele Vereinsfreunde lange arbeiten mussten. Sitzungsschluß war gegen 23 Uhr. Dass Jemand die Sitzung vorzeitig verließ, kam überhaupt nicht vor.
In den Dreißiger Jahren herrschte eine große Arbeitslosigkeit und der Verein erließ den arbeitslosen Mitgliedern den Beitrag. Die Arbeitslosigkeit hatte auch ihre gute Seite, denn man hatte viel Zeit um intensiv Fische nachzuziehen, um sie auf der Vereins-Börse anbieten zu können.
Im Herbst 1937 wurden die Vereine
gezwungen dem Reichsbund
Deutscher Aquarianer (RDA) beizutreten. Die Politik machte sich auch
im Verein bemerkbar. Als 1939 der 2. Weltkrieg begann, mussten
wiederum viele Vereinsmitglieder zum Militär. Das Vereinsleben ging
weiter. Zu den Sitzungen kamen manchmal nur 10 Vereinsfreunde. Statt
über die Aquaristik zu sprechen wurde oft Skat gespielt.
Der
Krieg erreichte mit schweren Bombenangriffen Berlin und legte viele
Häuser in Schutt und Asche . Viele Aquarien gingen zu Bruch. Als
nach dem Krieg Bilanz gezogen wurde, gab es nur noch wenige Becken
bei den Vereinsfreunden. Hinzu kamen noch die vielen Stromsperren.
Deshalb besann man sich der alten Methoden, Wärme zu erzeugen, z.B.
mit Karbidlampen, die auch als Lichtquellen besonders wertvoll waren.
Die Aquaristik und mit ihr der Verein war auf dem Nullpunkt, denn das
Leben in unserer Stadt war geprägt durch den Kampf um das bisschen
Essen. Es wurde viel gehungert.
Als dann 1947 der alte
Vereinsvorsitzende Hellmut
Berger mit den Vereinsfreunden Glaser und
Neukirch einen neuen Anfang machen wollten, wurden sie durch ein
Alliiertengesetz ausgebremst. Es durften sich Zweckvereinigungen nur
wieder bilden, wenn sie sich einen neuen Namen gaben. Der alte Name
durfte nicht mehr geführt werden. Ein neuer Name wurde gefunden,
"Naturfreunde für Aquarien- und Terrarienkunde im 20. Bezirk".
Der 20. Bezirk war zu dieser Zeit Reinickendorf. Die Satzung musste
ins Französische übersetzt werden und wurde mit dem Antrag
eingereicht.
Leicht hatten es die Vereinsfreunde nicht, das Geld war knapp und so legte man das Geld nicht für Aquarien sondern für Lebensmittel an. 1950 hatte der Verein schon wieder 20 Mitglieder. 1951 wurde die Tauschbörse wieder ins Leben gerufen. Als im Jahre 1952 im Rathaus die erste Aquarien-Ausstellung nach dem Krieg eröffnet wurde, ahnte niemand, welche Resonanz sie beim Publikum haben würde. Insgesamt wurden in den 14 Tagen 18.000 Schaulustige gezählt. An einem Vormittag kamen allein fast 800 Schüler. Im Herbst hatte sich die Mitgliederzahl auf 70 Vereinsfreunde erhöht.
Im Herbst 1952 wurde dann etwas verspätet das 40. Stiftungsfest gefeiert, zu dem von allen Berliner Aquarienvereinen Abordnungen erschienen waren. Das Bezirksamt Reinickendorf stellte die zum Fest benötigten Räumlichkeiten zur Verfügung, sogar die Vergnügungssteuer wurde erlassen. Der Verein wuchs und wurde zu einem der größten Vereine im Bezirksverband 01 Berlin.
1957 gab es Streit mit dem Bezirk, der dazu führte, dass der Verein aus dem Bezirksverband austrat. Da kein Kompromiss gefunden wurde, schloss sich unser Verein dem Bezirk Niedersachsen an.
Nach dem Vorstandswechsel kam neuer Schwung in die Vereinssitzungen. Die Liebhaberfragen standen wieder im Vordergrund. Vorträge von namhaften Referenten gaben den Sitzungen ein neues Gesicht. Der Zusammenhalt innerhalb des Vorstandes und auch der Mitglieder wurde immer größer, was sich wiederum positiv auf den Mitgliederzuwachs auswirkte.
1962 wurde Hans
Krafscheck zum
Vorsitzenden gewählt. Mit
jugendlichem Elan nahm er sich der Vereinsführung an. Fahrten nach
Westdeutschland wurden unternommen und Kontakte zu anderen
Aquarienvereinen in der Bundesrepublik geknüpft.
1966 konnte
durch die Initiative des Vorsitzenden eine Verbindung zu den
Aquarienfreunden in Leiden in Holland aufgenommen werden, die durch
gegenseitige Besuche gefestigt wurde. In der Zwischenzeit wurden auch
die Meinungsverschiedenheiten mit dem Bezirk 01 geklärt und wir
waren wieder gern gesehene Bezirksfreunde.
1967 hatte der Verein 167 Mitglieder und war damit der größte Verein des Bezirks 01. Auch der Börsenbesuch war weiter angestiegen, auf der Börse im Nov. 1967 kamen 415 Besucher. Der Vorstand bemühte sich, für die Vereinsarbeit möglichst junge Vereinsfreunde heranzuziehen, um die Nachfolge zu sichern. Eine weise Entscheidung! Die Mitgliederzahl blieb in den Jahren 1968 bis 1970 konstant. In den Folgejahren sank sie wieder und betrug 1973 133 Vereinsfreunde. In diesem Jahr kam es zum Konflikt mit dem VDA. Er entzündete sich an der Verbandshaftpflicht-Versicherung, die der Verein in dieser Form nicht mittragen konnte. So wurde der Verein Mitte des Jahres aus dem VDA ausgeschlossen.
Eine 2. Börse im Märkischen Viertel wurde parallel zur 1. in der Holländer Straße eröffnet. 1976 kam der Nachwuchs zum Zuge, denn der amtierende Vorstand stellte sich nicht mehr zur Wiederwahl. Der Konflikt mit dem VDA wurde noch vom alten Vorstand beigelegt.
1. Vorsitzender wurde nun Wolfgang
Rau. Mit viel Schwung ging er
an die Arbeit.
1976 machten wir bei der Ausstellung Hobby Tier in
den Messehallen unter dem Funkturm mit.
1977 war eines der
aktivsten Jahre seit der Vereinsgründung. Der junge Vorstand hatte
seine erste Bewährungsprobe zu bestehen. Im Mai fand der
VDA-Kongress in Berlin statt, und alle Berliner Vereine waren
Gastgeber der Westdeutschen Vereine.
Danach erfolgte im August 1977 ein
gewagtes Abenteuer. Unser
Verein beteiligte sich bei unseren holländischen Aquarienfreunden an
einer großen Ausstellung. Joop
Visser, vom "De Natuurvriend
Leiden", inzwischen Ehrenmitglied unseres Vereins, leitete diese
Ausstellung. In einer Eissporthalle (36.000 m² Ausstellungsfläche)
sollte diese Ausstellung der Superlative stattfinden. Wir fuhren in 3
Gruppen gen Leiden.
Erste Gruppe: Aufbau, zweite Gruppe:
Betreuung und dritte Gruppe: Abbau.
Die "Aqua-Flora 77"
wurde ein voller Erfolg, nicht nur weil unser Verein den 1. Preis der
ausländischen Teilnehmer erhielt.
Am 2. Oktober 1977 begingen wir unser 65. Stiftungsfest mit 500 Gästen im "Palais am See" in Tegel. Die Blumendekoration kam als Dankeschön aus Holland.
1978 erfolgte die Herausgabe eines Vereinsprogramms, das halbjährlich jedem Vereinsmitglied zugeschickt wurde und das sich seit dem großer Beliebtheit erfreut.
Die Ausstellung "Hobby-Tier" später
"Hobby-Pflanze-Tier" und nun seit 1983
Heim-Tier-Pflanze (HTP) wurde zur regelmäßigen Ausstellung der
Berliner Aquarienvereine.
1980 hatten wir mit dem Bezirk 01 eine
Ausstellung im Botanischen Garten. Außerdem nahmen wir in Holland im
Hortus-Botanicus, dem Botanischen Garten von Leiden, an einer
Ausstellung teil.
Im Jahre 1982 hatten wir bereits 198 Mitglieder. Im Oktober 1982 fand dann das 70. Stiftungsfest im "Palais am See" statt. Es wurde wieder eine rauschende Ballnacht.
1985 stellte W. Rau aus beruflichen
Gründen sein Amt zur
Verfügung.
Bernd Hannemann,
langjähriger 2. Vorsitzender,
übernahm den Vorsitz für die nächsten 2 Jahre. Ihn löste Herbert
Monien ab. Diesmal war die Suche nach einem geeigneten
Vorsitzenden
schon schwieriger, so dass wir Herbert Monien, der zu der Zeit noch
Mitglied des Vereins "Natur im Heim" war, überreden
mussten. Mit ihm zog wieder ein neuer Stil ein. Die Sitzungen waren
geprägt von fröhlichen Vorträgen. Es wurde viel gelacht.
Interessante Vortragende, meist Freunde unseres Vorsitzenden,
breiteten ihr Wissen auf den Sitzungen vor den mittlerweile
verwöhnten Vereinsfreunden aus. Denn inzwischen war die Aquaristik
durch die Medien für jedermann zugänglich und die Vereine spürten
dies an dem immer spärlicher fließenden Mitgliederzuwachs. Es
genügte der Verein als Informationsquelle nicht mehr. Die
Geselligkeit als Entspannung war genauso gefragt. Da war Herbert
Monien, als Entertainer, der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt.
Die Vereinsfahrten mit ihm waren ein Erlebnis. Leider musste er 1992
den Vorsitz aus gesundheitlichen Gründen niederlegen. Als Notlösung,
da sich niemand fand, der das Amt übernehmen wollte, erklärte sich
der langjährige Geschäftsführer Lothar
Helmdach bereit, den
Vorsitz zu übernehmen. Neben der Tätigkeit als Geschäftsführer,
war es durch die Vorgaben seiner Vorgänger besonders schwierig, den
Ansprüchen gerecht zu werden.
Im Juni 1992 feierten wir unser 80 jähriges Jubiläum mit einem Brunch im Freizeitheim Donahgestell. Zahlreiche Gäste fühlten sich bei Essen und Trinken wohl und fachsimpelten bis in den späten Nachmittag.
Vereinsfahrten zu Dupla, nach Kiel und Nordwik an Zee fanden ein reges Interesse.
1996 hatte der Verein 220 Mitglieder.
Auf der Jahreshauptversammlung teilte Lothar Helmdach mit, dass er 1997 beide Ämter (Vorsitz und Geschäftsführer) zur Verfügung stellen würde. Ein Jahr sollte man zur Suche für die Nachfolge nutzen. Die Vereinsfreunde Rainer Melzer, Oliver Münchow, Manfred Weiser und seit 2001 Ralf Rothert übernahmen nacheinander den Vorsitz.
Viele Erfolge und Misserfolge begleiteten die 90 Jahre Vereinsarbeit. Dank allen, die sich zum Wohl des Vereins zur Verfügung stellten, unter Zurückstellung ihrer eigenen Interessen und teilweise sogar finanzielle Opfer brachten, sich nie entmutigen ließen und mit immer wieder neuen Ideen den Verein zu seiner jetzigen Größe geführt haben.
Ich wünsche dem Verein weiterhin alles Gute und erfolgreiche Jahre im Namen der Aquaristik.
@ 2002 Naturfreunde & Lothar Helmdach als Chronist
Wie sagte der ehemalige VDA-Präsident Joachim Matthies anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Vereins 'Rossmässler
Vivarium 1906 e.V.' (auszugsweise) über die Vereine:
"Nur wenige davon haben die Zeit überdauert und können heute auf 100 Jahre erfolgreiche Tätigkeit zurückblicken.
Allein deshalb ist ein solches Jubiläum etwas besonderes, es ist Ausdruck des Gemeinsamen über mehrere Generationen hinweg.
Und keine Generation hatte es leicht, wenn man an zwei schreckliche Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise oder die Unterdrückung
durch zwei Diktaturen denkt. Ohne Einschränkungen muss man diesen Vereinen für ihre Standhaftigkeit Anerkennung zollen, ihnen
zu ihrer kontinuierlichen Arbeit gratulieren."
Dem schließe ich mich an. Andreas Kersjes